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Leseprobe 1.Kapitel

Auszug aus dem 1.Kapitel

Dieser Text ist ein Auszug aus meinem Buch Das geheime Buch des ZEN

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Der menschliche Geist

Das Zustand des Geistes vor dem Satori

Um ZEN, das eigene Ego und damit auch sich selbst als menschliches Wesen Schritt für Schritt besser verstehen zu können, ist es hilfreich sich anzuschauen, wie der Zustand des menschlichen Geistes vor dem Satori beschaffen ist. Er wird im ZEN Affengeist genannt, da sich annähernd alle Menschen in einem solchen Geisteszustand befinden. Wie funktioniert also der menschliche Geist?

Buddha meinte, dass wir alle die Buddha-Natur schon immer in uns haben, sie mit der Zeit durch das Ego verdeckt und so von uns vergessen wurde. Wie konnte es dazu kommen? Ein Kind lebt in seiner Buddha-Natur in Einheit mit sich und der Welt. Erst mit fortschreitendem Alter entwickelt sich im Geist ein Ego-Bewusstsein, es entwickelt sich das Gefühl eines Subjekts und eines Objekts. Ich als Person (als Subjekt) befinde mich hier und außerdem ist da eine Sache (ein Objekt), mit der ich mich in Beziehung setze. Die Sache kann etwas sein, was ich haben will, es können ganz andere alltägliche Dinge, Vorstellungen oder auch andere Personen sein. Weil ich mich in meinem Geist von dem oder den anderen als Subjekt abgrenze, stehe ich gefühlsmäßig völlig allein da. Ich fühle mich getrennt von dem Menschen vor mir. Wenn ich also gefühlt etwas anderes als dieser Mensch vor mir bin, stellt sich die Frage: Wer bin ich denn eigentlich?

Im Grunde geht es immer um diese eine Frage: Wer bin ich? Wir wissen es nicht mehr, weil wir uns selbst fremd geworden sind, weil wir uns von uns selbst, von unserer Buddha- Natur, getrennt fühlen. Tief im Innern nagt diese eine Frage unser ganzes Leben lang an und in uns, auch wenn wir es uns bislang vielleicht nicht explizit bewusst gemacht haben. Wir haben das Gefühl, das Leben eines anderen zu führen, weil wir uns leer und unvollkommen fühlen. Wir laufen immer irgendetwas hinterher, sind auf der Suche, weil wir in uns ein Gefühl des Getrennt-Seins spüren. Das kann zu einem tiefen Ohnmachtsgefühl führen, zur Suche nach dem wahren Sinn des Lebens. Wenn wir wieder wie ein Kind mit der Welt im Einklang wären, würden wir wieder vollkommen sein und die manchmal übermächtige Angst, die wir empfinden, wäre beendet.

Wir versuchen diese innerliche Angst ständig irgendwie auszugleichen, in dem wir versuchen, uns durch Objekte außerhalb von uns von der Furcht abzulenken. Das können Menschen sein, die wir auf verschiedenste Arten begehren. Oder es können Sachen sein, die wir haben wollen. Oder wir versuchen uns von anderen zu unterscheiden, um uns selbst irgendwie abzugrenzen. So beginnen wir vielleicht, uns durch unser Ich-Selbstbild von anderen abzugrenzen. Unser Selbstbild entsteht dabei durch ständige unbewusste Selbst-Definitionen. Jemand definiert sich beispielsweise als Beamter, deshalb unterscheidet er sich in gewisser Weise von einem Arbeiter. So entsteht eine Abgrenzung zwischen ihm als Subjekt und dem anderen als Objekt. Er definiert sich als gutmütig, deshalb unterscheidet er sich von denen, die in seinen Augen nicht gutmütig sind. Er handelt in seinem Job gefühlsmäßig, deshalb unterscheidet er sich von denen, die rational handeln.

So fühlen wir alle ein autonomes Ich, ein Ego, das aber nur imaginär ist. Wir fühlen uns, als ob wir unabhängig von anderen Menschen und der Welt wären. Als ob wir das Zentrum des Universums wären, das aus sich selbst heraus besteht und immer bestehen wird. Das Gegenteil ist der Fall.

Exkurs: Verbundenheit und Vergänglichkeit (nicht Inhalt dieser Leseprobe)
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Das Nicht-Wissen um die Vergänglichkeit und die Verbundenheit und die unterschiedlichen Abgrenzungen zu anderen lassen ein imaginäres Gefühl eines eigenen unveränderlichen Ichs entstehen, das wir auch als Ego oder Selbst bezeichnen. Dieses vermeintliche Ego macht uns scheinbar aus. Die Definitionen des Ich- Selbstbildes, sind zahlreicher und gehen tiefer, als Sie sich vielleicht momentan vorstellen können. Das Ego entsteht nicht durch einen einzigen Definitionsversuch, sondern durch viele verschiedene. Unser Ego ist das Ergebnis von unzähligen unbewussten Definitionsversuchen, vergleichbar mit einem Tortenstück. In dem vorher genannten Beispiel wäre es ein feinfühliges-gutmütiges-Beamten-Ego, eine Ego-Torte, die aus drei kleinen Ego-Teilen besteht.

Das wäre gar nicht so schlimm, wenn wir nicht unbewusst diese Definition von unserem Ego über andere Menschen und deren eigenen Ego-Definitionen emporheben würden. Das bedeutet einerseits, dass wir uns mit unserem Ego-Selbstbild identifizieren und andererseits, dass wir dieses Ego als das Beste und Größte ansehen, das es gibt und es als besser empfinden, als das Ego des anderen. So entsteht ein Gefühl von Sicherheit, denn wir meinen, dass unser Ego unser wahres Ich darstellt. Das wahre Ich, die Buddha-Natur, wollen wir aber erst durch ZEN wieder entdecken. Das Ego und das wahre Ich sind zwei ganz unterschiedliche Sachen.

Die Definition meines Egos ist also für mich gefühlsmäßig die beste, die es gibt. Denn nur wenn ich felsenfest auf mein Ego bauen kann, habe ich das Gefühl, nicht zu wissen wer ich bin, scheinbar unter Kontrolle. Gerade deshalb habe ich das Gefühl, mich nicht damit auseinandersetzen zu müssen, wer ich wirklich bin. Das bedeutet beispielsweise, dass ich als Verheirateter mich über andere, die nicht verheiratet sind, emporhebe, um mein imaginäres Ego-Ich zu definieren, eben um mich sicher zu fühlen. Wenn meine Ehe geschieden wird, kann mich das aus meinem Ego-Konzept werfen. Das Ego, das ich mir so mühsam aufgebaut habe, zerbricht oder wird verletzt. Das demütigt mich und es lässt die Angst im Innern wieder ausbrechen. Das will ich nicht, deshalb klammere ich mich an mein Ego-Selbstbild-Konzept. Denn sonst bin ich wieder verunsichert und die ursprüngliche Frage nach dem „Wer bin ICH eigentlich?“ kann wieder hervorbrechen.

Weil wir unser momentan gedemütigtes imaginäres Ego nicht wieder reparieren können, leiden wir und definieren uns über unsere Wünsche. Können wir unsere Wünsche nicht erfüllen, scheint unser Ego auch nicht vollständig. Leid entsteht also, weil wir tief in unserem Innern nicht wirklich wissen, wer wir sind und unser Ego als real betrachten. Leid entsteht dadurch, dass wir Wünschen, Vorstellungen oder Erwartungen unseres Egos anhaften. Da der Wunsch immer im Zusammenhang mit unserem Ego steht, haften wir daran an, eben weil wir unser Ego schützen wollen. So geht es auch mit all unseren erlernten Vorstellungen über die Welt und wie diese zu funktionieren hat. Wir haben an sich keine eigene Meinung, sondern nutzen vorgegebene Meinungen und Normen, die zu unserem Ego-Bild und unserer Weltsicht passen.

Wenn wir unsere wahre Natur wiedergefunden hätten, müssten wir unser Ego nicht mehr durch irgendwelche Konzepte definieren. Wir könnten uns so hinnehmen, wie wir sind und könnten alle Dinge so lassen, wie sie sind. Alle unseren guten und unsere schlechten Seiten hätten wir in uns integriert und wären wieder vollständig. All diese immer wiederkehrenden Mühen der Definition eines Ich-Selbstbildes wären endlich vorbei.

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