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Chöd - Nahrung für die Dämonen

Hinweis! Diese Übung ist keine spezielle ZEN-Übung, kann die ZEN-Arbeit aber wirkungsvoll unterstützen.
Bitte beachten Sie den Haftungsausschluss der für alle auf dieser Webseite befindlichen Übungen, Trainingsanleitungen und Hinweise gilt und führen Sie die folgende/-n Übung/-en nur durch, wenn Sie den Haftungsausschluss anerkennen.

Bitte führen Sie diese Meditation erst durch, wenn Sie ausreichende Erfahrung mit der Atemzählübung haben, wie ich sie in Das geheime Buch des ZEN beschreibe. Für diese Übung ist ausreichend Konzentrationsfähigkeit vonnöten, die Sie durch die Atemzählübung trainieren. Außerdem ist die Fähigkeit des Visualisierens notwendig, die Sie ebenfalls beherrschen sollten.

Wozu diese Übung?

Chöd ist eine alte Übung, die die tibetanische Buddhistin Labdrön im 11. Jahrhundert formuliert hat. Chöd bedeutet soviel wie Abschneiden oder Durchtrennen, womit die falsche Vorstellung eines Ichs gemeint ist, die "abgeschnitten“ werden soll. In der Realität hat diese Übung allerdings eher etwas mit Annahme undVersöhnung zu tun.

Die amerikanische Buddhistin Tsültrim Allione hat diese alte Technik in etwa neu formuliert als „Nahrung für die Dämonen“. Mit Dämonen sind dabei keine wirklichen Dämonen gemeint, sondern unser Karma, unsere inneren Impulse und inneren Stimmen, die uns negativ beeinflussen. Geben wir ihnen endlich Raum und Beachtung, können sie sich hilfreich verändern.

Im 2. Kapitel meines Buches "Das geheime Buch des ZEN" geht es um die Arbeit mit dem persönlichen Karma. Sie können diese Karmaarbeit wirksam durch die Chöd-Übung unterstützen, beide haben dasselbe Ziel, wirken aber unterschiedlich.

Es geht bei der Karmaarbeit und der Chöd-Übung darum, mit unseren verschiedenen Persönlichkeitsanteilen und deren inneren Stimmen in Kontakt zu kommen und sie endlich anzuhören.

ÜBUNG: Nahrung für die Dämonen

Setzen Sie sich in die Zazen-Haltung, legen Sie ein zweites Zafu eine Körperlänge vor sich auf den Boden und schließen Sie die Augen. Suchen Sie sich eine Ihrer sehr typischen und sich häufig zu Wort meldenden Stimmen aus, die Sie in dieser Sitzung bearbeiten wollen. Nehmen Sie am besten die dominanteste Stimme, die sich Gehör verschaffen will.

Dies könnte beispielsweise der Depressions-"Dämon" sein: „Das ist eh alles sinnlos, was du hier tust, du wirst niemals das Satori erreichen.“ Obwohl Ihr innerer Dämon normalerweise mehrere solcher Sätze im Repertoire hat, nehmen Sie einfach den ersten Satz, den Ihnen bewusst wird. Stellen Sie Konzentration und Leere her. Suchen Sie den Depressions-Dämon nun in Ihrem Körper. Wo ist er zu finden? Im Kopf? Im Bauch? Im Herzen? Scannen Sie Ihren Körper.

Lassen Sie nun den Depressions-Dämon eine Form annehmen. Visualisieren Sie ihn/sie/es als Wesen und wie er/sie/es sich nun auf dem zweiten Zafu vor Ihnen hinsetzt. Manchmal können Sie diesen Dämon schnell visualisieren, manchmal dauert es eine Zeit. Sie sollten den Dämon mit Größe, Geschlecht, Ausdruck, Ausstrahlung, etc. visualisieren können. Achten Sie auf Ihre Gefühle, die entstehen.

Nun fragen Sie Ihren Dämon drei Fragen:
1. Was verlangst du von mir?
2. Was brauchst du wirklich von mir?
3. Wie fühlst du dich, wenn du bekommst, was du brauchst?


Schlüpfen Sie nun in Ihrer Vorstellung in den Körper des Dämons, werden Sie also Ihr eigener Dämon. Schauen Sie sich im Körper des Dämons um. Wie fühlt sich der Dämon an? Schauen Sie nun Ihr "normales Ich" selbst aus den Augen des Dämons an, das in Zazen-Haltung vor Ihnen sitzt. Wie wirkt Ihr „normales Ich“ auf Sie als Dämon?

Da Sie immer noch der Dämon selbst sind, beantworten Sie Ihrem „normalen Ich“ Ihnen gegenüber nun als Dämon die eben gestellten Fragen.

Das kann folgendermaßen aussehen:
1. Was ich wirklich von dir verlange, ist …
„... dass du aufgibst, dass du dich schwach fühlst, dass du dir verloren vorkommst.“

2. Was ich wirklich von dir brauche, ist …
„…eigentlich nur mehr Kraft und Stärke.“

3. Wenn ich bekommen, was ich brauche, …
„… würde ich mich stärker fühlen und friedlicher sein.“


Je öfter Sie diese Übung durchführen, desto deutlicher wird Ihnen werden, dass Ihr Dämon – egal welcher – zwar ständig immer etwas haben will und Sie mit Kommentaren überschüttet, aber hinter diesen Wünschen eigentlich immer tiefere Bedürfnisse stecken, die meist bis zu dieser Übung verborgen geblieben sind. Es gibt eigentlich immer einen erheblichen Unterschied zwischen dem, was der der Dämon von Ihnen verlangt und dem, was er eigentlich haben will. Das ist eine bedeutende Erkenntnis.

Verlassen Sie nun den Körper des Dämons und gehen Sie zurück in Ihr „normales Ich“. Wenn Sie dort angekommen sind, sehen Sie den Dämon wieder vor sich auf dem Zafu sitzen. Fühlen Sie sich wieder in Ihrem „normalen Ich“ in der Zazen-Haltung sitzend. Schauen Sie sich dann den Dämon an, der Ihnen gegenüber sitzt. Oft hat er sich bereits verändert, erscheint gar nicht mehr so groß und bedrohlich.

Nun müssen Sie Ihren ganzen Körper in genau das Gefühl verwandeln, was Ihr Dämon in Frage 2 geantwortet hat. In diesem Beispiel waren es Kraft und Stärke. Lassen Sie nun wie der Visualisationsübung dargestellt in Ihren Körper KRAFT und STÄRKE fließen und sich in Ihrem Körper verteilen, bis er ganz damit angefüllt ist. KRAFT und STÄRKE sind unerschöpflich und können unendlich in Sie hineinströmen. Es ist wichtig, dieses Gefühl auch tatsächlich in sich spüren zu können. Gerade deshalb ist die Visualisationsübung hier unbedingte Voraussetzung.

Wenn Sie komplett angefüllt sind mit KRAFT und STÄRKE, visualisieren Sie eine Lichtbrücke von Ihrem Herzen zu dem Herzen des Dämons vor Ihnen. Lassen Sie nun KRAFT und STÄRKE über die Lichtbrücke in Ihren Dämon fließen. Achten Sie auf Ihre Gefühle und geben Sie Ihnen freien Lauf. Wenn Sie also trauern möchten, trauern Sie. Sie füttern Ihren Dämon so mit KRAFT und STÄRKE bis er satt ist. Sollte er unersättlich sein, genügt es, wenn Sie sich nach einiger Zeit vorstellen, dass er satt ist.

Beobachten Sie nun Ihren Dämon. In allen mir bis heute bekannten Fällen erfolgten deutlich positive Veränderungen, meist in der Art, dass der Dämon sich in ein völlig anderes Wesen veränderte. Aus einem wutschnaubenden, roten Dämon mit Hörnern und riesigen Zähnen wurde vielleicht ein kleines Mädchen, das weinend in der Ecke sitzt und schluchzt. Solch gewaltige Transformationen müssen nicht bei dem ersten Mal vorkommen, aber Ihr Dämon sollte sich irgendwie positiv verändert haben. Sie sollten die Chöd-Übung solange durchführen, bis Ihr Dämon sich zu einem neuen Wesen verändert hat, das hilfreich für sie ist. Als letzten Schritt sollten Sie visualisieren, wie Ihr neues hilfreiches Wesen und Sie selbst miteinander verschmelzen.

Abwandlung der Übung

Sie können diese Übung selbstverständlich nicht nur mit eigenen inneren Dämonen durchführen, sondern auch mit Dämonen, die von außen zu kommen scheinen. Wenn also ein anderer Menschen oder eine Situation beispielsweise das negative Gefühl der Angst in Ihnen auslöst, führen Sie die Chöd-Übung genauso durch, wie beschrieben. Bei der Fütterung des Dämons sollten Sie aber zusätzlich gleichzeitig den Menschen oder die Situation füttern, die dieses Gefühl in Ihnen ausgelöst hat.

Indem Sie am Ende der Sitzung visualisieren, dass das neue Wesen mit Ihnen verschmilzt, machen Sie es zu einem Teil von Ihnen. Wenn Sie also in einer beliebigen Alltagssituation Kraft und Stärke benötigen, reicht es mit etwas Übung, dass Sie die Augen schließen, das neue Wesen visualisieren und die Gefühle Kraft und Stärke an das Geschöpf schicken. So wird es Ihnen schnell besser gehen und gleichzeitig heilen Sie sich damit.

Die Chöd-Übung sollten Sie natürlich auch mit allen Ihren anderen inneren, vorlauten Stimmen und Dämonen durchführen. So arbeiten Sie nach und nach immer ein wenig mehr Karma auf und gehen nach und nach immer einen Schritt mehr in Richtung Erleuchtung.